Ein Thema, das aktuell die Medien beschäftigt und auch im alltäglichen Leben der Menschen sichtbar wird. Ob im Fernsehen oder "nebenan" wir sehen täglich insbesondere syrische Flüchtlinge, die in die EU strömen und viele von ihnen wollen nach Deutschland oder sind bereits hier angekommen. Das löst eine Welle der Hilfsbereitschaft aus, bringt aber auch Ängste hervor "wo soll das noch hinführen, wir können doch nicht alle Syrer aufnehmen?!" Warum kommen die überhaupt alle und werden sie wieder zurückgehen, wenn in Syrien Frieden herrscht? Ist überhaupt ein Frieden in der Region vorstellbar? Wer sind die Strippenzieher in diesem Stellvertreterkrieg? Und was bedeutet dieses "Unwort" überhaupt? Um all diese Fragen zu beleuchten, veranstaltete die evangelische Akademie Hofgeismar am 22.09.2015 eine Tagesveranstaltung für Schülerinnen und Schüler der SEK II und Interessierte im Haus der Kirche Kassel. Mit dabei waren Julia Wicker und Calvin Sievers aus der 12 FOS der Herwig-Blankertz-Schule Wolfhagen sowie Politiklehrerin Martina Kerner.
Unter dem Motto "von Trauma zu Trauma" führte Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Martin Tamcke in die Tagung "Stellvertreterkrieg - Heiliger Krieg - Befreiungskampf? Den Syrienkonflikt verstehen" ein. Er ist Professor für Ökumenische Theologie und Orientalische Kirchen- und Missionsgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen und berät und begleitet unsere Bundesregierung, wenn es um Konfliktfragen im Nahen Osten geht. Ein Mann, der frei referiert, von Freunden in Syrien berichtet und in der Kürze der Zeit seinen Zuhörern eine Ahnung vermittelt, wie vielschichtig dieser Syrienkonflikt ist und wie perspektivlos. Einziger Trost für uns HBSler, wir wissen jetzt, dass unsere Bundesregierung von einem Mann mit Durchblick beraten wird. Nach anschließender Diskussionsrunde geht es in verschiedene Arbeitsgruppen, die Wahl fällt schwer. Alle AG-Leiter sind interessante Persönlichkeiten, die etwas zu berichten haben. Julia und Calvin entscheiden sich für die AG "Journalisten im Fadenkreuz - Wie funktioniert Konfliktberichterstattung aus Syrien?" bei Nils Metzger, der Islamwissenschaften und Politik an der Freien Universität Berlin studierte und just am Morgen erst von seiner letzten journalistischen Berichterstattung aus Syrien zurückkehrte und spannende Einblicke in seine Arbeit gewährte, aber auch die Risiken nicht ausließ. Thomas Heek, Leiter der Caritas im Aufnahmelager für Flüchtlinge in Friedland leitete die AG "Angekommen - und dann? Syrische Flüchtlinge in Deutschland - von der Erstaufnahme bis zur Verteilung" und erklärte Verfahren und Aufnahmeprogramme, aber auch persönliche Begegnungen und Schicksale. Das größte Problem sieht er in der viel zu langen Zeit für Asylverfahren, aufgrund derer sich bereits vor der großen Flüchtlingswelle die Verfahren stauten. Hier muss unsere Bundesregierung nun dringend handeln, die Entscheidungen der letzten Tage zeigen, dass sie das erkannt hat. In der AG "Der Islamische Staat - regionale Ursachen - internationale Herausforderungen" klärt Dr. Christian Böhme, Redakteur im Politikressort des Tagesspiegels auf wie die Machtverhältnisse in Syrien z. Zt. sind, warum der IS so erstarken konnte und was seine Absichten sind, aber auch was denn nun Stellvertreterkrieg in diesem Zusammenhang bedeutet. Leider haben wir keine Gelegenheit die AG "Die syrische Oppositionsbewegung und ihre Rolle im Syrienkonflikt" mit Dr. Salam Said zu besuchen noch die AG "Zur Lage der syrischen Flüchtlinge im Libanon" mit Susanne Schmelter, die zur Zeit in Beirut an ihrer Promotion zur Politik humanitären Handelns in der syrischen Flüchtlingskrise schreibt. Nur soviel: Der Libanon ist ein kleines Land mit 4,5 Mio. Einwohnern, die über 1,5 Mio. Flüchtlingen Schutz bieten, allerdings z. T. unter unmenschlichen Bedingungen. Ein Grund warum sich nun Tausende auf den Weg Richtung EU machen. In der Abschlussdiskussion mit Referenten und Gästen wird die Frage aufgeworfen "Keine Lösung in Sicht? Welche Hoffnungen bestehen im Syrienkonflikt?" Einhellig wird die Meinung vertreten, dass es ein Syrien wie es einmal war, nicht mehr geben wird. Viel zu lange haben die westlichen Mächte "zugeschaut" und Syrien ""fast vergessen". Nun kommt auch der Bundesregierung und EU spät die Einsicht, dass man Flüchtlingspolitik in der Region viel stärker hätte unterstützen müssen, nicht nur finanziell, damit Flüchtlinge zumindest in der Region bleiben können, z.B. auch im Osten der Türkei. Tragisch mit anzusehen ist da das Verlesen eines Schriftstückes, das ein geladener syrischer Flüchtling über seine Heimatstadt Aleppo geschrieben hat, die faktisch nicht mehr bewohnbar ist. Er ist dankbar, dass er jetzt hier in Deutschland Medizin studieren darf und seine Familie in Sicherheit weiß. Er wünscht sich nichts sehnlicher als in sein Heimatland zurückzugehen, um als Arzt am Wiederaufbau mitzuhelfen. "So wie ich, denkt die Mehrheit der Syrier", sagt er "und wir sind Deutschland dankbar für Schutz und Ausbildung, damit wir dieses Wissen wieder mit nach Hause nehmen können." Aber wann und ob das sein wird, das können ihm auch die Experten nicht sagen. Und so bleiben am Ende nur Liebe - Hoffnung - Glaube; Liebe zur Heimat Syrien, die man den Augen des Studenten ablesen kann, Hoffnung auf Frieden in der Region und Glaube an die Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe der Menschen in der EU und an eine friedliche Zukunft.